Was die Digitalisierung für die Gastronomie bedeutet

Wenn Restaurantgäste heute rund um die Uhr online reservieren können, dabei schon ihre Vorlieben, Allergien und Wünsche angeben und danach eine Bewertung posten. Wenn gehobene Restaurants eine Kreditkarten­garantie anordnen, um No-Shows entgegenzuwirken, und wenn ohnehin der Trend zum bargeldlosen Bezahlen wächst – dann wird klar, die Branche ist mit neuen digitalen Technologien komplett im Wandel. Anbieter und Nutzer, also Restaurants und Gäste, haben damit viel mehr Möglichkeiten.

Um den digitalen Fortschritt der hiesigen Gastronomie einzuschätzen, hilft ein kurzer Blick in die Restaurantmetropolen dieser Welt. In New York zum Beispiel kommt es vor, dass man bereits beim Bezahlen eines Kaffees in Schwierigkeiten gerät, weil man nur Bargeld und keine Kreditkarte zur Hand hat. «Sorry, credit card only» heisst es nicht selten im Big Apple. So unterschiedlich die Zahlungsmentalität, so anders kann auch die Verfügbarkeit von Reservationen in begehrten Restaurants sein. Um dort einen Tisch zu bekommen, heisst es mitunter, dass beispielsweise erst montags in der früh wieder eine weitere Woche an Reservationskontingenten freigegeben wird.

Ähnlich ist die Lage in London: Hier kauft der Gast vorab online ein Ticket, wie zum Beispiel für den begehrten Clove Club, und bucht dabei die gewünschte Dinner-Zeit, wählt das Menü inklusive möglicher Weinbegleitung aus und erhält so eine Reservation. Ein Blick nach Berlin etwa ins Sterne-Restaurant Nobelhart & Schmutzig zeigt, dass hier mit Kalkulationsmitteln gearbeitet wird, die bislang eher aus der Hotel- oder Flugbranche bekannt ­waren. Hier variieren die Menüpreise je nach Wochentag. So kostet dasselbe Menü an einem Mittwoch weniger als an den stark frequentierten Wochenendtagen. Eine spannende Massnahme, um eine bessere Auslastung zu ruhigeren Servicezeiten zu erreichen. Bleibt die Frage nach dem Umgang mit Gästen, die ihre Reservation nicht wahrnehmen, vor allem in der gehobenen Gastronomie. Auch in Zürich wächst die Nachfrage nach der Absicherung gegen No-Showsrasant, teils per Kreditkartengarantie, teils per Hinweis als «Warnung» bei Nichterscheinen im Zuge der Online-Reservation. Hinsichtlich der Auslastung und Planungssicherheit kann also mithilfe der Digitalisierung eine Verbesserung erzielt werden, um wirtschaftliche Einbussen zu vermeiden. Im Gespräch mit Gastronomen argumentieren diese immer wieder, dass es (noch) keinen Bedarf an solchen Massnahmen gäbe. All diese Beispiel zeigen, dass der digitale Wandel auch im DACH-Markt (Deutschland, Österreich, Schweiz) Einzug hält, wenngleich mit variierender Geschwindigkeit.

Der Gast im Wandel: von der Online-Reservation bis hin zur Bewertung

Um zu verstehen, wie die Digitalisierung nicht nur in der Gastronomie, sondern auch beim Gast Einzug gehalten hat, lohnt ein Blick auf diesen. Laut einer Umfrage von Bookatable by Michelin findet knapp die Hälfte der 500 Studienteilnehmer aus dem deutschsprachigen Raum die zunehmende Digitalisierung gut, weil sie praktische Tools und Anwendungen mitbringt sowie zeitlich unabhängiger macht. Denn durch verschiedene Online-Plattformen finden Gäste heute viel schneller ein passendes Restaurant als früher und können dort meist einfach mit wenigen Klicks online reservieren. Kontaktloses Bezahlen per Smartphone, digitale Speisekarten oder andere Bequemlichkeiten kommen bei digitalaffinen Gästen gut an. Der Mehrwert, den einige Dienstleister bieten, beispielsweise den Mittagstisch vorab bequem per App zu bestellen und zu bezahlen, liegt auf der Hand, schliesslich haben es Restaurant und Gast hier besonders eilig.

Generell nutzen die Kunden heute mehr denn je Google, TripAdvisor oder gängige Reservationsportale wie zum Beispiel Bookatable by Michelin zur Restauranterkundung. Diese bilden dabei mittlerweile wichtige Schnittstellen im Netz, deren Profile gerade durch geeignetes Bildmaterial gepflegt gehören. «Google Dining», ein Service, der den suchenden Gast in unmittelbarster Weise ins Restaurant bringt und auch seit Kurzem in der Schweiz verfügbar ist, gilt als Steilvorlage. Denn Gäste können direkt über die Google-Suche reservieren, ohne dabei das Fenster verlassen zu müssen. Diese kurze und bequeme User Journey ist eine Win-win-Situation für beide Seiten. Am Puls der Zeit zu sein, ist im heutigen Wettbewerb ein Muss. Kritiker könnten hier meinen, dass nach wie vor die Hälfte der Reservationen telefonisch eingeht. Allerdings gibt es laut einer Bitkom-Studie unter 1007 Teilnehmern den klaren Trend, dass gerade jüngere Personen einen anderen, viel digitaleren Umgang haben und diese immerhin die «Gäste der Zukunft» sind.

Potenzial ausschöpfen und die richtigen Kanäle wählen

Trotz einkehrender Digitalisierung findet nach wie vor ein Grossteil der Marketinginvestitionen der Branche im Bereich Print- oder Radiowerbung statt. Eine kostspielige Angelegenheit, deren Erfolg zudem schwer bis kaum messbar ist. Nicht selten halten Unwissenheit und Bequemlichkeit die Investition in neue Werbekanäle zurück. Die Argumentation lautet dann häufig: «Das war immer schon so und funktioniert auch heute noch gut.» Die kurze Nachfrage, ob der Gastgeber heutige Features wie ein Smartphone nutzt, lenkt die Diskussion dann meist schnell in die richtige Richtung. Gezielt geschaltete Werbung auf Facebook, Instagram oder AdWords, auf denen Gäste auch direkt reservieren können, bietet sich hier deutlich mehr an, da messbarer und kostengünstiger.

Bei den vielfältigen digitalen Möglichkeiten überrascht es immer wieder, wie wacker sich dabei das klassische Reservationsbuch hält. Dieses wird in der Regel zum Jahresende mitsamt allen zusammengetragenen Kundendaten wie Telefonnummern, Anmerkungen und sonstigen relevanten Informationen gegen ein neues Buch ausgetauscht. Dabei wären die generierten Daten wertvoll für die Kundenbindung und böten ein grosses Potenzial für die Vermarktung des eigenen Restaurants. Mit professionellen Kassen- oder Reservationstools und deren Reporting-Möglichkeiten kann man nahtlos an das neue Jahr anknüpfen, denn die Gastdaten sind gespeichert und werden übertragen. Welchen Umsatz der Gast bei seinem letzten Besuch generiert hat und welchen Wein er gerne trinkt, sind Informationen, mit deren Speicherung das Gästeerlebnis maximiert und der Ablauf optimiert werden kann. Im Bestfall bleibt somit auch noch mehr Zeit für den Gast. Fazit: Der digitale Wandel der Branche hält eine Vielzahl an nützlichen Tools und Anwendungen für beide Seiten bereit – ein Trend, der nicht mehr aufzuhalten ist, aber noch mit der einen oder anderen skeptischen Stimme hadern muss. Im Vergleich hätte man sich vor 20 Jahren auch noch kein Hotelzimmer oder Flugticket online gebucht. Heute ist das längst zur Selbstverständlichkeit geworden und geht bequem via Smartphone. Insgesamt helfen mehr Mut und die Offenheit, verschiedene Wege auszuprobieren. Dann steht einem erfolgversprechenden Umgang für den Restaurantalltag nichts mehr im Weg.

Moritz Euchner ist Autor des Buches «Gastronomie managen» (Matthaes Verlag) und hat langjährige Erfahrung in der Gastronomie. Seit 2016 ist er beim Online-Reservations-Service Bookatable by Michelin für den Vertrieb in der Schweiz verantwortlich und berät Restaurants und Hotels hinsichtlich der Digitalisierung ihres Betriebes.

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