«Wassmer, Mahler und Kuchler hätten es alle sehr verdient»

18. September 2024

Silvio Germanns Zeit als Koch des Jahres neigt sich dem Ende zu. Was ihm der Titel gebracht hat, wen er als Nachfolger sieht und warum er spät in der Nacht mit einer Flasche Champagner auf eines der Zimmer im Mammertsberg eilen musste, erzählt er im Interview.

Bald kürt der Gault-Millau einen neuen Koch des Jahres. Wer hätte es besonders verdient?

Sven Wassmer steht schon lange ganz oben auf meiner Liste. Er hat drei Sterne und einen unverwechselbaren Stil. Einen Teller von Sven erkennt man sofort. Patrick Mahler ist auch ein Kandidat. Er kocht seit vielen Jahren auf fantastischem Niveau, seine Gerichte sind ästhetisch und geschmacklich top. Dazu Christian Kuchler. Alles, was bei ihm auf den Tisch kommt, schmeckt einfach verdammt gut. Und: Er arbeitet ohne Sponsor im Hintergrund. Da unsere Restaurants nicht weit auseinanderliegen und wir unterschiedliche Schliesstage haben, bietet sich mir zum Glück immer wieder einmal die Chance, bei ihm zu essen.

Was hat Ihnen der Titel – abgesehen von mehr Gästen und Publicity – gebracht?

Für die Küche bekommen wir immer wieder Spontanbewerbungen. Seit ich als Koch des Jahres ausgezeichnet wurde, ist es aber auch einfacher geworden, gute Leute für den Service zu finden. Um die Servicejobs bei uns attraktiver zu machen, achten wir darauf, dass sie sich nicht auf das blosse Servieren beschränken. Die Mitglieder des Service-Teams kümmern sich zum Beispiel auch um die alkoholfreie Getränkebegleitung oder mixen vor den Gästen einen Bellini.

Sie sind nun seit rund zwei Jahren im Mammertsberg. Wie geht der Aufbau des Produzentennetzwerks voran?

Ich bin sehr zufrieden. Zwei wichtige Partner­betriebe sind sogar bei uns in Freidorf. Bei der Familie Würth kaufen wir Früchte, Beeren und Eier ein, bei Pirmin und Melitta Brandes Gemüse. Metzger Michael Vogt aus Staad, der auch mit Sven Wassmer zusammenarbeitet, beliefert uns mit gereiftem Rindfleisch. Von Wisi und Lisbeth Gabler in Muolen beziehen wir Büffel­milch, die zum Beispiel in ein Dessert mit Aprikose und Lavendel kommt.

Der Mammertsberg ist nicht nur ein Restaurant, sondern hat auch Hotelzimmer. Wie fühlt sich das Leben als Hotelier an?

Sagen wir es so: Ohne die Zimmer wäre mein Leben definitiv einfacher. Aber es ist auch schön, das ganze Package anbieten zu können. Wenn ich sehe, dass ein Gast draussen in der Morgensonne ein Egg Benedict geniessen kann, macht mich das schon stolz. Weil in den Zimmern immer wieder einmal etwas nicht funktioniert, betätige ich mich regelmässig als Handwerker.

Und sind Sie ein guter Handwerker?

Ich habe noch Luft nach oben, aber ich versuche mein Bestes. Einmal liess sich in einem Zimmer das Wasser nicht mehr ab­stellen. Also ging ich mit einer Flasche Champagner als Entschuldigung hoch zu den Gästen und versuchte bis tief in die Nacht, das Problem in den Griff zu bekommen.

Wie wichtig ist Ihr Restaurantleiter und Sommelier Giuseppe Lo Vasco für den Erfolg des Mammertsberg?

Extrem wichtig! Er ist ein grossartiger Gastgeber, führt sein Team mit einer klaren Philo­sophie und dem nötigen Ein­fühlungs­vermögen. Obwohl wir privat sehr gut befreundet sind und unter der Woche sogar eine Wohnung teilen, können wir geschäftliche Probleme offen und ehrlich ansprechen. Das ist eine Grundbedingung für Erfolg in der Gastronomie.

Wer alles probiert ein neues Menü, bevor es das erste Mal serviert wird?

Als Erster ist Giuseppe an der Reihe. Er kann sich dann gleich auch Gedanken über das passende Getränkepairing machen. Danach probiert das ganze Team die Gerichte. Alle sollen genau wissen, was sie zu den Gästen an den Tisch bringen. Caroline Gierling, die sich bei uns um den Empfang und das Administrative kümmert, Giuseppe und ich haben auch schon das ganze Menü im Restaurant gegessen, um das gleiche Setting wie später die Gäste zu haben. Das möchten wir wieder machen. Man merkt so ausserdem, ob die Portionengrössen die richtigen sind.

Wo in der Gegend essen sie besonders gerne?

Wie gesagt, Christian Kuchlers Schäfli in Wigoltingen ist grossartig. Kürzlich sah ich auf Instagram, dass er Wiener Schnitzel auf der Karte hat, und bin gleich hingefahren. In St. Gallen sind das Einstein und der Jägerhof im Fine-Dining-Bereich spitze, ausserdem die Alte Post. Und dann noch ein Geheimtipp: Mein ehemaliger Souschef Mirco Widmer hat ganz in der Nähe, in Tübach, das Restaurant Löwen übernommen. Dort habe ich auch sehr, sehr gut gegessen.

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