Wie relevant ist die Igeho für Sie?

11. November 2023

marmite trifft sich zum Gespräch an einem Tisch mit Benjamin Eulau (Brand Director Igeho), Benoit Bougro (Hiestand Schweiz AG), Alexander Ryser (MCH Group), Karin Burri (Hiestand Schweiz AG) und Turi Thoma (Wirtschaft zur Burg, Meilen).

Warum braucht die Schweiz die Igeho?

Beniamin Eulau: Keine andere Branchenplattform bringt so viele Besucher und Aussteller zusammen wie die Igeho. Essen will man mit allen Sinnen erleben – und eine Messe eben auch. Man pflegt den persönlichen Austausch, erlebt und probiert zusammen etwas. Und im Idealfall macht man natürlich auch Business. Das gibt es nicht digital, das ist unersetzlich!

Karin Burri: Uns bietet die Messer eine ausgezeichnete Gelegenheit, unsere Kundinnen und Kunden zu treffen. Wir leben vom persönlichen Kontakt. Wir sind stolz auf unsere Produkte und wollen sie zeigen. Um zu verstehen, was wir machen, muss man unsere Backwaren auch probieren können. Wir leben vom Austausch, der zwar auch digital funktioniert, aber eben nur bis zu einem gewissen Punkt. Wir haben zudem bemerkt, dass viele Leute nach der Corona-Zwangspause geradezu nach dem persönlichen Kontakt lechzen.

Benoit Bougro: Die letzte Igeho war 2019. Das sind mittlerweile vier Jahre, in denen wir unsere Kundinnen und Kunden nicht persönlich treffen konnten. In diesem Zeitraum haben wir so viele Neuheiten kreiert, die wir endlich vorführen wollen. Wie viele Menschen haben auch wir Sehnsucht, endlich wieder Nähe zu anderen zu haben, gemeinsam an einem Tisch zu sitzen, zu diskutieren und zu feiern.

Dann hat die Igeho, ketzerisch gefragt, von der Pandemie profitiert?

Alexander Ryser: Nein, so weit kann man dann doch nicht gehen. Während der Pandemie ist die Bedeutung des Digitalen aber so sehr gewachsen, dass weite Kreise glaubten, so etwas wie eine Messe, werde nie wieder stattfinden. Jetzt hat sich gezeigt, dass das Bedürfnis nach direktem Kontakt extrem stark ist.

Warum interessiert sich ein Gastronom wie Sie, Turi Thoma, für die Igeho?

Turi Thoma: Mich zieht die Neugier an die Messe. Was tut sich in der Branche? Was gibt es Neues? An der IGEGO kann ich alle für mich interessanten Anbieter abklappern und mir schnell einen Überblick verschaffen. Dann gibt es noch den schönen Nebeneffekt, dass man viele Leute wiedersieht, die man vielleicht länger nicht mehr getroffen hat.

Haben sich die Bedürfnisse der Ausstellenden pandemiebedingt verändert?

Benoit Bougro: Der gesamte Markt hat sich massiv verändert. Die klassische Gastronomie musste ihr Angebot völlig umstellen. Viele waren plötzlich gezwungen, auf Take-away zu setzen. Mit dem Mittagsgeschäft konnte man trotz Pandemie noch Geld verdienen. Vieles davon hat die Branche beibehalten, da viele Gäste über Mittag kaum mehr Zeit investieren. Sie holen vielleicht noch einen Snack. Viele Menschen arbeiten immer noch im Homeoffice, in gewissen Betrieben hat sich das etabliert. Das sind Gäste, die fehlen. Das spüren auch wir extrem. Auf der anderen Seite haben wir den letzten zwei lahren 25 Prozent mehr Snacks verkauft. Darauf müssen wir mit unserem Angebot reagieren. Die Igeho ist dafür eine teure, aber starke Bühne. Wir nutzen diese Bühne als attraktive Begegnungsplattform, in deren Rahmen wir unseren Kundinnen und Kunden neue Lösungen für einen veränderten Markt präsentieren wollen.

Turi Thoma: Ich glaube jedes Wort, aber die Gastronomie ist so vielfältig. Ich mit meinem kleinen Gourmetrestaurant erlebe das anders. Ich habe jetzt mehr Mittagessen, die Leute geben mehr Geld aus als früher, ich mache bessere Umsätze. Was alle gleich trifft, ist der Fachkräftemangel. Die Igeho muss alle ansprechen. Vom Systemgastronomen bis zum kleinen Gourmetkoch, der auf der Suche nach einem schönen Teller ist.

Benjamin Eulau: Die unterschiedlichen Bedürfniswelten werden in diesem Gespräch gut abgebildet. Schlussendlich haben wir den Aussteller und den Besucher. Die Inszenierung macht der Aussteller. Er kennt den Markt und die Bedürfnisse. Es wäre vermessen, der Branche als Organisator vorzuschreiben, was sie sagen muss. Take-away ist das beste Beispiel: Dieses Modell ist in der Pandemie durch die Decke gegangen, es gab ja keine Alternativen. Sogar viele Gourmetrestaurants sind darauf eingestiegen. Plötzlich brauchte man Verpackungsmaterial, neue Prozesse, ein anderes Bestellsystem. Diese Phase war eine gigantische Herausforderung. Aber die Branche hat es gepackt. Was bleibt, sind die Zahlen. Die Umsätze von Take-awar und Delivery haben sich vervielfacht. Das spiegelt der Markt natürlich – und das wird man auch an der Igeho sehen. Anbieter von Verpackungslösungen sind beispielsweise viel präsenter als 2019. Andererseits sehen wir auch auf der Besucherseite, dass interessierte Personen absagen müssen, weil sie ihr Lokal nicht verlassen können. Personalmangel ist einer der Gründe hierfür. Heutzutage geht es nicht mehr nur um das Produkt: Man muss Lösungen präsentieren. Das ist für den Besucher interessant. Aussteller kommen nicht mehr einzeln, sondern mit Partnern. Dem Endkonsumenten wird eine gemeinsame Lösung präsentiert. Für unser Format heisst das, es könnte zukünftig weniger Fläche gebraucht werden. Das ist eine mögliche Entwicklung, die wir ernst nehmen müssen.

Benoit Bougro: Die Igeho ist gerade in Problemfeldern extrem wichtig. Nehmen wir das Thema Fachkräftemangel: An der Messe können wir Leidenschaft und Lust für Jobs in unserer Branche generieren, das dürfen wir nicht vergessen. Es gibt so viele spannende Quereinsteiger. Wir brauchen kreativen Nachwuchs. In der Eventhalle gibt es nun auch Street-Food-Stände. Vor vier Jahren war diese Szene noch nicht so gut wahrnehmbar.

Benjamin Eulau: Vor vier Jahren gab es auch noch deutlich mehr Regulierungen. Jetzt kann ein Food Truck auf der Allmend stehen und sein Angebot machen. Dieser Zweig hat sich stark entwickelt und ist in der Pandemie zu einem wichtigen Teil der Individualgastronomie geworden. Deshalb haben wir beschlossen, dieser Entwicklung Tribut zu zollen. Wir sind immer noch eine B2B-Plattform. Aber auch die breite Bevölkerung hat so einen neuen Zugang zur Branche.

Benoit Bougro: Sicherlich werden wir an der Igeho auch Roboter erleben. In Sachen Fachkräftemangel dürften diese für einige Betriebe überlebenswichtig sein.

Alexander Ryser: McDonald’s macht es vor. Dort gibt es nur noch eine Kasse, die Bestellungen erfolgen alle digital. Die Entwicklung ist rasant. Die Mitte stirbt derweil aus. Die Leute wollen schnell und unkompliziert etwas Kleines essen oder sie investieren viel Geld und Zeit in eine hochklassige Erfahrung. Der Ochsen und der Löwen im Dorf oder im Ouartier werden es in Zukunft noch schwerer haben.

Benoit Bougro: Die ganze Branche muss sich digital neu aufstellen. Das bringt jedoch auch Vorteile und hilft, anders zu denken. Ein Beispiel sind die neuen Highspeed-Öfen. Früher waren solche Geräte verschrien, die Qualität schlecht. Aber die Technik hat sich enorm verbessert. Heute geht es 20-mal schneller, und die Qualität leidet kein bisschen darunter. Man bekommt einen Käsekuchen in 90 Sekunden in perfekter Qualität. Das ist heute die Realität. Das werden die Leute brauchen. Es geht um Geschwindigkeit. Sei es bei einem Backofen oder einem Kassensystem.

Benjamin Eulau: Solche Botschaften kann man an einer Messe perfekt transportieren. Relevant ist das Thema Vertrauen. In einem persönlichen Gespräch entsteht in 30 Minuten eine Vertrauenssituation, man kann zudem alles live testen. Für den Kauf eines Highspeed-Ofens wäre die Online-Recherche sicherlich viel zeitaufwändiger.

Turi Thoma: Dass verschiedene Anbieter zusammenspannen, um eine unkomplizierte Allround-Lösung präsentieren zu können, ist für mich als Besucher extrem spannend. Gewisse Bühnen werden so zu eigenen kleinen Messen, die einige meiner Probleme auf einen Schlag lösen könnten.

Alexander Ryser: Wir haben dadurch natürlich weniger Aussteller als früher. Dafür sind die Angebote jetzt wesentlich relevanter. Tendenziell werden die Besucherzahlen in Zukunft wohl zurückgehen, es gibt immer weniger Entscheidungsträgerinnen und -träger. Wir brauchen einfach die richtigen vor Ort.

Turi Thoma: Es gibt an der Igeho aber nicht nur Entscheidungsträger, sondern auch Kochlehrlinge, Servicefachkräfte, normale Menschen, die ein Billet geschenkt bekommen haben.

Alexander Ryser: Wir arbeiten mit einer Vollregistrierung, bei der die Leute angeben, wer Fachkraft ist und wer nicht. So sieht ein Aussteller sofort, mit wem er es zu tun hat. Die Lernenden sind unsere Zukunft. Alle an der Igeho tragen eine Verantwortung für sie. Wenn ein Lehrling positive Erfahrungen macht, vergisst er das nicht. Er denkt auch noch daran, wenn er eines Tages einen eigenen Betrieb führt. Unsere Plattform muss auch für Inspiration sorgen.

Was muss die Igeho noch tun, um relevant zu bleiben?

Beniamin Eulau: Um relevant zu bleiben, bieten wir viele Neuerungen. Beispielsweise eine kleine Bühne für sogenannte Kamingespräche. Hier generieren wir relevante Themen in Absprache mit den Branchenverbänden und dem Markt. Wir bringen diese Themen kurz und knackig aufs Tapet. Auch unsere Medienpartnerschaften versuchen wir ins Live-Marketing mitzunehmen. Die Redaktionen können die Bühne mit relevanten Themen bespielen. Zudem bieten wir das Format Masterclass an. Aussteller informieren über spannende Lösungsansätze. Dabei geht es nicht um Produkte-Shows, sondern um Wissensvermittlung. So werden Aussteller ein fester Bestandteil des Programms. Alle Neuerungen generieren wir im Austausch mit Ausstellenden, Partnern und dem Markt.So geht es dieses Jahr in unserer Innovation Area vor allem um künstliche Intelligenz. Diese wird einen enormen Einfluss auf die Branche haben und beispielsweise den Einkauf oder den Umgang mit Food Waste revolutionieren.

Was wünschen Sie sich als Besucher oder Aussteller von der kommenden Igeho?

Turi Thoma: Als Besucher wünsche ich mir vor allem motivierte Ausstellende. Dann profitieren alle Besucher.

Karin Burri: Unsere ganze Firma freut sich extrem auf die Messe. Was zeichnet sich für die Zukunft ab? Wohin geht es mit der ganzen Digitalisierung, was passiert generell im Markt? Das ist für die Zulieferindustrie extrem wichtig, und an der Igeho erleben wir alles am selben Ort in kürzester Zeit. Das ist digital einfach noch nicht möglich, wir wollen dem Kunden persönlich zuhören und herausfinden, was er von uns braucht.

Dann braucht es auch in Zukunft eine Fachmesse für die Branche?

Alexander Ryser: Gastronomie und Hotellerie sind und bleiben ein People-Business. Im Hospitality-Bereich braucht es alle fünf Sinne. Eine Degustation kann nie digital werden. Wir bieten eine einmalige Plattform für die Schweiz, Turi Thoma und Hiestand sind gute Beispiele, als Besucher und Aussteller gehen wir dorthin, wo wir das breiteste Angebot und die beste Plattform haben. Das bietet die Igeho auch noch in zehn oder zwanzig Jahren.

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